Kristallglas-
Oberursel.net

                 Glasmarke der Firma Josef Mitlehner                             Historie     |     Produkte      |    

Home



Josef Mitlehner & Co.

Historie

Produkte






Eheleute Josef und Leopoldine Mitlehner
Josef und Leopoldine Mitlehner











































Kugler von Josef Mitlehrner & Co. beim Schleifen einer Bowle
Hohlglasfeinschleifer
beim Kugeln einer Bowle







Eheleute Otto und Wilma Kausch, Kronberg
Otto und Wilma Kausch



Joachim C. Kausch, Vertriebsleiter der Mitlehner & Co. KG in Kronberg
Joachim C. Kausch

Historie des Unternehmens Josef Mitlehner & Co.

Gründung und Aufbau im Oberen Kamnitztal

Wilhelm Mitlehner, geboren am 12. Oktober 1858 in Dessendorf bei Gablonz/Neiße, gründete 1879 in Unter-Maxdorf ein eigenes Geschäft. Seine Heirat mit Wilhelmine Görner, der Tochter des Glashändlers und Glaswarenerzeugers Johann Görner aus Antoniwald soll ihn hierzu bewogen haben. Die Erzeugung betraf damals vorwiegend Gablonzer Schmuckwaren, insbesondere echt vergoldete Hohlperlen. Diese innenvergoldeten Perlen wurden nach einem besonderen Verfahren hergestellt und vor allem nach Indien exportiert, wo sich die Frauen mit langen Ketten aus diesen Perlen schmückten.

Nach dem ersten Weltkrieg übernahm der Sohn Josef Mitlehner, geboren am 19. März 1894 in Unter-Maxdorf, das Unternehmen seines Vaters und stellte es auf die Erzeugung geschliffener Kristallwaren um. Am 22. März 1921 wurde ihm die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung einer fabrikmäßigen Glasschleiferei mit Elektromotoren in Unter-Maxdorf Nr. 220 erteilt. Bislang wurden die Schleifmühlen ausschließlich an fließenden Gewässern angelegt, um die Wasserkraft als Antrieb zu nutzen. Gar häufig mußten die Schleifer im Winter erst das Eis brechen und abschlagen, um ihre Mühlräder wieder in Gang zu sezten. Geschliffen wurde an hölzernen Radstühlen mit Spillen, die sich in Bleilagern drehten.

Josef Mitlehner und seine Frau Leopoldine, geb. Kienel, die ihren Mann beim Ausbau den Unternehmens tatkräftig unterstützte, verlegten sich vorwiegend auf den Export nach England und Australien. Seine zahlreichen Muster an Streuern, Menagen, Buttertellern, Parfümflaschen, Toilettengarnituren und anderen Artikeln der böhmischen Kristallerie sicherten ihm reichlich Aufträge. Trotz damaliger wirtschaftlicher Krise konnte das Unternehmen wachsen. Ein fester Stand in der Mädler-Passage auf der Leipziger Messe sowie ein ständiges Musterzimmer in London mit einem Reisenden in England halfen den Absatz der qualitativ hochwertigen Ware sichern und den Ruf im Ausland begründen.


Enteignung, Vertreibung und Neuanfang

Die Familien von Wilhelm und Josef Mitlehner wurden nach dem zweiten Weltkrieg verhaftet und zunächst im Gefängnis von Gablonz/Neiße und später im Lager Reichenau festgesetzt. Im März 1946 strandete Josef Mitlehner mit seiner Familie nach einem direkten Bahntransport von Reichenau nach Nordhessen zunächst in Lauterbach. Trotz der erschwerten Bedingungen beschloss Josef Mitlehner erneut ein Unternehmen der Gablonzer Industrie aufzubauen. Zusammen mit den ebenfalls in Nordhessen angekommenen befreundeten Brüdern Kamill und Franz Schander aus Antoniwald, seinem Schwiegersohn Otto Kausch und dem aus Troppau stammenden Ing. Anton Ritschny suchte Josef Mitlehner unmittelbar nach einer logistisch geeigneteren Ansiedlungsregion.

So wurde Josef Mitlehner einer der zehn Gründungsgesellschafter der Hessenglaswerke in Stierstadt im Taunus (seit 1972 Stadtteil von Oberursel/Ts.). Nachdem als wichtige Voraussetzung der Bau einer Rohglashütte in einer weitgehend zerstörten Fabrikanlage am Neumühlengelände sichergestellt schien, gründeten Josef Mitlehner und Otto Kausch, geb. 16. Juni 1916 im unweit gelegenen Kronberg die Firma Joesef Mitlehner & Co. und bewältigten gemeinsam das zu dieser Zeit schwierige Problem des Wiederaufbaues einer Kristallwarenfabrik. Ebenso große Schwierigkeiten bereiteten nach Schilderungen von Otto Kausch die Unterbringung der Mitarbeiter, der Fachkräfte, die aus dem ganzen Bundesgebiet und aus dem sowjetisch besetzten Teil Deutschlands nach Kronberg geholt werden mussten. Dank der verständnisvollen Hilfe der Stadt und des Landes gelang auch dieses Vorhaben und nach einigen Jahren konnten die ersten Mitarbeiter aus den ersten behelfsmäßigen Unterkünften in neue Wohnungen umziehen. Zunächst galt es, durch den Bau neuer Formen und Werkzeuge wieder ein zeitgemäßes Sortiment zu entwickeln, um damit einen neuen Kundenstamm und neue Märkte im Export zu gewinnen, denn die alten Beziehungen waren durch den Krieg und seine bitteren Folgen abgerissen.


Aufschwung der 50er und 60er Jahre

Nachdem sich der Export zunehmend entwickelte und das Sortiment verstärkt ausgebaut wurde, wuchs das Unternehmen wieder zu einem namhaften Unternehmen seiner Branche. Die Produktlinien wurden von den beiden Firmeninhabern selbst kreiert. Besonders hervorzuheben sind erfolgreiche Produkte handgeschliffenen böhmischen Glases, (insbesondere Toiletten-Garnituren und Ascher) sowie die mit Teakholz kombinierten Tischkristallserien, die dem Stilempfinden jener Jahre entsprachen.

Durch die Spezialisierung auf repräsentative Veredelung von Hohlglas in Verbindung mit Montagen aus Sterling-Silber und Bronze und 24-karätig vergoldeten Montierungen erlangte das Unternehmen einen besonderen Ruf. Nach Unternehmensangaben zählten u. a. der König von Marokko, der für die Einrichtung eines Schlosses zahlreiche Stücke als Acessoires auswählte, sowie König Feisal von Saudi Arabien, der Schah von Persien und Königin Elisabeth II. von England zu den zahlreichen renommierten Kunden.


Unternehmen im Umbruch

Als im Jahre 1965 Josef und Leopoldine Mitlehner infolge eines Autounfalls verstarben, übernahm Otto Kausch die alleinige Geschäftsführung des fortan unter Mitlehner & Co. KG firmierenden Unternehmens. Als Gesellschafterin trat seine Ehefrau Wilma, Tochter von Josef und Leopoldine Mitlehner, in die Firma ein. Bereits Ende der 60er Jahre erschwerten die deutlich gestiegenen Löhne in Westdeutschland und nachgeahmte Produkte insbesondere aus Japan die Wettbewerbssituation der personalintensiven Herstellung der im Wesentlichen von Hand hergestellten Produkte. Zwar wurden zunehmend moderne Maschinen und vorwiegend Diamantschleifräder und -werkzeuge zur Bearbeitung des Glases eingesetzt, doch die Handarbeit wurde nach wie vor voll praktiziert, da sich die Automatenarbeit für hochwertige Geschenkartikel und begrenzte Serien als ungeeignet herausstellte.

Nach Abschluss seiner Studien zum Glashüttentechniker und Diplom-Kaufmann trat am 1. Januar 1977 Joachim C. Kausch, geboren am 28. Januar 1949, Sohn von Otto und Wilma Kausch, als Verkaufsleiter in die Firma ein.

Ende der siebziger Jahre produziert das Unternehmen vornehmlich drei verschiedene Produktlinien "Böhmisches Glas", "Stilkristall" und "Exquisite Linie". Im Februar 1979 feierte das Familienunternehmen das 100jährige Bestehen. 1988 stellte der Betrieb seine Produktion endgültig ein. Hinweise auf die Heimatvertriebenen und ihre langjährige erfolgreiche Glasveredelung finden sich in Kronberg heute nicht mehr.


Wilhelm und Wilhelmine Mitlehner aus Unter-Maxdorf
Wilhelm u. Wilhelmine Mitlehner








Anwesen Glasschleiferei Mitlehner in Unter-Maxdorf mit Glashütte Carl Riedel und Kirche in Josefsthal im Hintergrund
Anwesen der Firma Wilhelm Mitlehner in
Unter-Maxdorf; im Hintergrund Glashütte
"Carl Riedel" und Kirche in Josefsthal














Treffen der Arbeitsgemeinschaft Oberursel der Gablonzer Industrie
Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Oberursel der
Gablonzer Industrie, v. l.n.r.: Otto Kausch, ?,
Adolf Pochmann,
Josef Mitlehner, Franz Burkert,
Willi Zenkner
(zum Vergrößern bitte Bild anklicken)
Quelle: Erika Rapp














Luftaufnahme des Firmengeländes Joisef Mitlehner & Co. in Kronberg
Luftaufnahme des Unternehmens
Josef Mitlehner & Co. in Kronberg, Westerbachstrasse











Teilansicht der Schleiferei der Mitlehner & Co. KG in  Kronberg
Teilansicht der Schleiferei in Kronberg

Quellen:

Manfred Heerdegen, Gablonzer und ihre Industrie in Oberursel und Umgebung nach 1945,
in "Isergebigler und ihre Glas- und Schmuckindustrie in Holstein, Baden und im Taunus"

Festschrift des Unternehmens zum 100-jährigen Bestehen, Kronberg im Februar 1979
(Quelle Fotos und Grafiken, sofern nicht anders angegeben)

Schriftstücke aus dem Familienarchiv der Familie Christa Dönch, Oberursel.

Auskünfte Herr Joachim C. Kausch, Kronberg.



Stand: 15. Mai 2010, OR